„Ich fahre übrigens demnächst ein paar Tage ins Sauerland,” erzähle ich beiläufig einer Freundin beim Kaffee. Sie verschluckt sich fast und schaut mich leicht empört an. Ich wusste schon, was dieser Blick bedeutete: „Was willst du denn da?” Im Sauerland liegt der Hund begraben, soweit das Klischee. „Na, einfach mal Zeit für mich haben”, entgegne ich ihr grinsend und bin bereit für meine Auszeit im gebirgigen Niemandsland Westfalens. Was ich meiner Freundin nicht verraten habe: Es verschlägt mich nicht einfach ins Sauerland, sondern in sein einziges Fünf Sterne Hotel, das Romantik- und Wellnesshotel Deimann in Schmallenberg.
Und siehe da, schon die Fahrt nach Schmallenberg hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Je näher ich meinem Ziel komme, desto verwunschener wird die Landschaft, desto verlassener die Gegend. Auf einem Ortsausgangsschild steht auf Wiedersehen, direkt darunter die Ankündigung Chorprobe Frauenchor Di. 18:00 – 20:00 Uhr. Wow, denke ich, dieser Ort braucht kein Facebook um sich auf dem Laufenden zu halten.
Deimanns Wohlfühltempel steht im 212 Einwohner zählenden Ortsteil Winkhausen. Kaum aus dem Auto gestiegen, heißen mampfende Kühe mich mit neugierigen Blicken willkommen. Die freundliche Dame am Empfang begleitet mich zum Zimmer, denn in dem ehemaligen Gutshaus verirrt man sich schnell, das sollte ich an den folgenden Tagen noch zu Genüge erfahren.
Meine 42 Quadratmeter große Juniorsuite mit Blick auf den Schwimmteich ist wie die anderen 95 Zimmer schlicht und elegant gehalten. Die Glastür zum Badezimmer (keine Angst, die Toilette ist separat und hat eine richtige Tür) hat es mir angetan und sorgt für einen modernen Touch im sonst traditionellen Stil der Deimanns.
It’s Spa o’clock
Während meiner Zimmerinspektion sticht mir plötzlich der Bademantel im Ankleideraum herausfordernd ins Auge. Fünf Minuten später stehe ich vor der automatischen Tür des Spa-Bereichs. Sesam öffne dich!
Auf den 4.000 Quadratmetern könnte ich den ganzen Tag verbringen. Schwimmen (drinnen oder draußen im Solebecken, ganz Mutige springen in den kalten Teich), in einer der zwei Saunen schwitzen, im Hängesessel kurz einnicken und sich dann im Anwendungsbereich eine Stunde massieren lassen – ich würde dieses Programm am liebsten einige Male aneinanderreihen.
Aber es ist Zeit fürs Abendessen. Im Restaurant für Hotelgäste kennt man sich mit Augen- und Gaumenschmaus aus, das beweist beispielsweise das pochiertes Seewolffilet auf Flusskrebsragout mit gebratenem Romanesco und Kürbis. Wer nach dem fünften Gang denkt, er sei wunschlos glücklich, der hat das erstklassig bestückte Käsebuffet noch nicht entdeckt…
Doch am nächsten Tag werde ich etwas unruhig, das ausgiebige Entspannen weckt in mir einen gewissen Tatendrang. Darum schwinge ich heute selbst den Kochlöffel: und zwar unter Anleitung des 29-jährigen Felix Weber.
Ausgezeichnete Küche
Der sympathische Sauerländer wurde 2017 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, seitdem ging es mit dem modern gemütlichen Restaurant Hofstube Deimann bergauf. Einen Kochkurs mit dem Sternekoch kann man mit einer Gruppe von acht Teilnehmenden buchen.
Trotz des frühen Erfolgs ist Weber weit davon entfernt, abzuheben.
Ich habe hier zwar einen Stern erhalten, die drei größten Sterne habe ich allerdings zu Hause.
Damit meint er seine Freundin Stephany Santos und ihre zwei Kinder. Ich habe ein bisschen Angst vor den Augen des Profis die Suppe zu versalzen, aber Abstriche bei der Qualität nehme er nicht in Kauf, versichert mir Weber, ohne es böse zu meinen.
Wer nicht kochen möchte, aber doch auf der Suche nach etwas Abwechslung vom Entspannen ist, der geht mit Andreas Deimann wandern. Am Golfplatz vorbei geht es auf Streifzug durch die sanfte Hügellandschaft. „Woran merkt man, wenn es im Sauerland Sommer ist? Der Regen wird wärmer,“ witzelt der Naturliebhaber, der gemeinsam mit seinem Bruder Jochen und Vater Theo das Hotel führt. Das Vorurteil, dass es im Sauerland viel regnen würde, kann er im Handumdrehen entkräften.
Die Region um den Kahlen Asten ist nach Karlsruhe sogar die wärmste Region Deutschlands!
Auf der Landstraße zieht ein Sportwagen an uns vorbei, „das ist mein Bruder“, weiß Andreas Deimann sofort. Hotelgäste, die Jochen Deimanns Leidenschaft für Sportwagen teilen, können sich den hoteleigenen Wiesman Roadster für eine Spritztour mieten.
Herzlichkeit und Harmonie
Führungsaufgaben haben die Brüder ohne Streit unter sich aufgeteilt, sie scheinen sich perfekt zu ergänzen. Andreas Deimann ist für die Zahlen zuständig und führt regelmäßig Wandertouren, während Jochen Deimann der Genießer unter den Brüdern ist und weiß, worauf es im Restaurant ankommt. Er sucht das Gespräch mit den Gästen, erkundigt sich nach ihrem Wohl und erzählt von seinem Weinhandel. Die Harmonie des bodenständigen Familiengespanns färbt auch auf die Gäste ab. Man fühlt sich hier auf eine herzliche, persönliche Art gut aufgehoben.
Jenseits der Skitourismus-Hochburg Winterberg lernt man das Sauerland hier von einer ganz neuen Seite kennen. Ich komme wieder, denke ich mir am letzten Abend bei einem Glas Sauerland Gin, und meine skeptische Freundin nehme ich dann gleich mit.
