Zahlreich glitzern und frohlocken sie und sind zudem sehr oft unergründlich tief. Kein Wunder also, dass viele deutsche Seen sagenumwoben sind.
Eben noch war das Wasser des Waldsees still wie ein Spiegel. Jetzt kräuselt es sich plötzlich, wirft Wellen, die ans Ufer schwappen. Moment mal. Ist das jetzt wirklich der Wind – oder lauern dort in der Tiefe Fabelwesen mit magischen Kräften?
Wir haben sechs besonders schöne Seenswürdigkeiten ausgesucht. Und vielleicht verraten wir euch auch, was ihr zwischen Ufer und Grund noch so alles erleben könnt.
See der treulosen Männer
Wo genau? Ukleisee, Schleswig-Holstein
Größe: 35 Hektar groß und 16 Meter tief.
Ein Hauch Rache umweht den Ukleisee in der Holsteinischen Schweiz. Denn die Geschichte, die sich um den See rankt, handelt von einer betrogenen Liebe. Ein Ritter liebte einst eine Bauerstochter, betrog sie aber mit einer steinreichen Gräfin. Das wiederum brach dem Mädchen so das Herz, dass es vor Kummer starb.
Als der Ritter dann aber die Gräfin heiraten wollte, erschien der Geist der Bauerstochter, und die Kapelle versank samt Brautpaar im Erdboden. Aus der daraus resultierenden Senke entstand der See.
Noch heute: In der Abenddämmerung soll ein Läuten der Hochzeitsglocken der Kapelle zu hören sein.
Die Wahrheit: Der See entstand nach dem Abschmelzen der einst mehrere hundert Meter dicken Gletscher, indem Eisblöcke unter den mitgeführten Gesteinsmassen erst später abtauten und wassergefüllte Senken hinterließen.
Der Kaiserliche Hecht
Wo genau: Kaiserwoog, Kaiserslautern
Größe: Existiert heute nicht mehr.
Im Jahr 1497 soll ein Fischer im sogenannten Kaiserwoog einen Hecht gefangen haben. Nicht irgendeinen Hecht. Erstens war er riesengroß und zweitens trug er eine Kette mit einer griechischen Inschrift. Diese besagte, dass Barbarossa höchstpersönlich den Fisch 267 Jahre zuvor ausgesetzt habe. Der damalige Kurfürst gab daraufhin ein Fest, bei dem natürlich der Hecht verspeist wurde.
Sagenhaft: Man munkelt, dass der Fisch eine Länge von 19 Schuh hatte. Das wären umgerechnet fast sechs Meter.
Eins steht fest: Der Hecht ist unumstößlich mit Kaiserslautern verbunden. Er ist deshalb auch Teil des Stadtwappens.
Die herzlose Gräfin
Wo genau: Rachelsee, Bayern
Größe: 6 Hektar groß, etwa drei Meter tief.
Auf dem Schloss Rammelsberg lebte und herrschte einst eine gierige Gräfin. Als sie starb und ihr bleischwerer Sarg zu Grabe getragen wurde, passte das den Raben wohl gar nicht und so stürzte sich das schwarze Gefieder auf den Sarg. Das wiederum hatte zur Folge, dass der Sarg ganz leicht wurde, so als wäre der Leichnam der Gräfin nicht mehr dort drin. Der Unfrieden im Schloss jedoch bestand weiter fort. Denn – so munkelt man – der ruhelose Geist der einstigen Gräfin zog dort polternd und erbarmungslos durch die Gemächer. Einem Geistlichen gelang es dann, den Geist in den See zu verbannen. Seitdem wohnt der Geist der Gräfin im Rachelsee im Bayerischen Wald. Sie bekam daraufhin auch einen neuen Namen Rachelhex. Und diese wiederum wird am stillen Gewässer häufiger gesehen.
Noch heute: Wenn es mucksmäuschenstill ist, kann man am Ufer das Klackern der eisernen Schuhe der Gräfin hören.
Die Wahrheit: Und die Gräfin gab es wirklich. Um Maria Genoveva von Drexel, im Volksmund die „Wöcklin von Ramelsberg“ genannt, rankten sich schon damals zahlreiche Geschichten. Hintergrund war, dass ihr Gatte als Stadtkommandant von Straubing meist abwesend war und sich die Wecklin auf ihren Gütern durch große Strenge Respekt zu verschaffen suchte.
Die Glocke Anne Susanne
Wo genau: Straussee, Brandenburg
Größe: 136 Hektar groß und bis zu 20 Metern tief.
Am See stand einst ein Kloster, in dessen Kirche eine Glocke hing. Und eben diese Glocke trug den Namen Anne Susanne. Eines Tages soll das Kloster samt Kirche und Glocke im See versunken sein. Anne Susanne wiederum geriet den Fischern später ins Netz. Doch als diese dann nach ihr greifen wollten, versank sie in der Tiefe. Und die Männer schworen Stein und Bein, dass sie beim Absinken folgende Worte vernahmen: »Anne Susanne kommt nimmer zu Lanne!«
Noch heute: In klaren Sommernächten soll man im See eine Marmortreppe sehen, die zum Kloster hinabführt.
Die Wahrheit: Sollte man unter Wasser tatsächlich eine Glocke entdecken, dann ist das völlig richtig. Da der Straussee ein beliebtes Tauchrevier ist, hat man zum Anne Susanne-Gedenken dort eine Glocke aufgestellt.
Das Silberne Schloss
Wo genau: Frau-Holle-Teich, Nordhessen
Frau Holle lebt in der Anderswelt. Eben dort, wo sie fleißig Kissen schüttelt und es schneien lässt. Aber wie kommt man in diese Welt? Der Sage nach ist der Teich bei Eschwege der Eingang zur Anderswelt. Hier soll sie in einem silbernen Schloss am Grund des Sees leben, umgeben von Gärten. Mittags nimmt sie gern ein Bad am Seeufer. Es heißt sie verführte dabei manchen Jäger oder Waldgänger.
Auch galt die Sage, dass nicht der Storch die kleinen Kinder bringt, sondern sie aus dem Hollenteich kommen und die Seelen der Verstorbenen dorthin zurückkehren. Aus dieser Sage resultierte, dass einst viele Frauen im Teich schwammen, wenn sie fruchtbar werden wollten.
Die Sage: Frau Holle ist selbstverständlich ein Teil der Deutschen Sagen der Gebrüder Grimm aus dem 19. Jahrhundert.
Die Wahrheit: Sicher ist jedoch, dass dieser Teich weitaus älter ist. Am Frau-Holle-Teich wurden tatsächlich Golddukaten gefunden, die aus der Zeit des Kaisers Domitian (81 bis 96 n. Chr.) stammen. Auch ein Feuersteingerät aus der Steinzeit ist ein Relikt, das am Teich gefunden wurde.
Der Mummelkönig
Wo genau? Mummelsee, Schwarzwald
Größe: Vier Hektar groß und 18 Meter tief
Im Mummelsee leben unter der strengen Obhut eines Königs schöne Nymphen, die Mümmlein. Manchmal verlieben sich Männer in diese Fabelwesen. Keine gute Idee. Denn wenn sie die Mümmlein darin hindern möchten, zurück ins Wasser zu gehen, kennt der König keine Gnade und reißt die Nymphen gewaltsam ins Wasser. Eine rote Welle zeugt danach vom Tod des Mümmleins.
Sagenhaft: Wer sich traut, Steine in den Mümmelsee zu werfen, wird mit einem Unwetter vom Nymphenvater bestraft.
Wahrheit: Ein Grund dafür, dass der Mummelsee so unheimlich wirkt, ist die Tatsache, dass hier keine Fische leben. Das von der Hornisgrinde in den See fließende Moorwasser enthält zu viel Schwefel und zu wenig Sauerstoff. Hier könnten keine Fische überleben.