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Terrasse und Pool des Hubertus Moutain Refugios im Allgäu
Hubertus Moutain Refugio Allgäu

Allgäuer Achtsamkeit

Text
Susanne Pahler

Unsere Autorin Susanne Pahler war über alle Berge – im Hubertus Mountain Refugio Allgäu im Dörfchen Balderschwang. Dort machte sie nicht einfach nur Wellness-Urlaub, sondern begab sich auf eine Reise für Körper und Geist. „HolisticLife“ nennt sich das hoteleigene, ganzheitliche Wohlfühlkonzept. Und das wirkt tatsächlich herrlich nachhaltig.

Es gibt diese Orte, die dem Leben eine neue Richtung geben. Vielleicht in Indien, auf Bali, in Neuseeland. Und ziemlich sicher auch in Balderschwang, einem 350-Seelen-Dorf auf 1044 Metern. Denn hier ist seit mehr als 70 Jahren ein ganz besonderes Retreat zu Hause: das Hubertus Mountain Refugio Allgäu. Sicher, man könnte dort auch einfach nur zum Wellnessen einchecken. Aber dann würde man das HolisticLife-Konzept versäumen, das diese Unterkunft so besonders macht. Damit berührt, verändert, wirkt ein Aufenthalt nachhaltig auf Körper und Geist, selbst wenn man das abgeschiedene Hochtal längst wieder verlassen hat.

Hubertus Hotel in Balderschwang
Susanne Pahler

Bin ich in den Rockies, oder was?!

Schon die Anreise ist alles außer gewöhnlich: Erst seit 60 Jahren kommt man von der deutschen Seite aus mit dem Auto hoch, über den 16 Kilometer langen Riedbergpass, dem höchsten, befahrbaren Gebirgspass Deutschlands, der sich auch irgendwo die Rocky Mountains hochschlängeln könnte. Oben dann ruhige, flach Weite, eingerahmt von langgezogenen Gipfeln, die ganz hinten schon zu Österreich gehören, dazwischen das kleine Dorf mit dem nadelspitzen Kirchturm – und dem Hubertus Mountain Refugio: Honigfarbene Schindeln und geschichtete Holzscheite an der Front, drinnen Holzschemel, Holzbänke und stellenweise knarziger Holzboden, dazu gemütliche Felle, getrocknete Kräutersträuße, ein hängender Garten voller Grünpflanzen. 

In den Zimmern: regionale Materialien wie Leinen und Holzdielen, Details aus Wurzeln oder Stein, eine Wärmflasche an der Garderobe, ein Schaffell, eine Yoga-Matte. Mich umfängt augenblicklich ein warmes Gefühl der Geborgenheit, als ich erst mal alles liegen lasse, mir eine Tasse würzigen Tee mache, der zum Selbstbrühen bereit steht und vom Sofa über meine kleine Terrasse hinweg zum Pool und Spa blicke. Dieses Haus macht sofort etwas mit mir – wegen der magischen Lage, der reinen Natur rundherum und natürlich wegen der Gastgeberinnen und Gastgebern, die sich seit Jahrzehnten viele Gedanken machen, um ihren Gästen ein Stück gutes Leben mit auf den Weg zu geben. 

Neue Energie durch Achtsamkeit 

Hausherrin Christa Traubel etwa, die als Heilpraktikerin sowie Yoga- und Ayurveda-Therapeutin das HolisticLife-Konzept entwickelt hat. Dahinter stecken vier Säulen – HolisticFood, HolisticSleep, HolisticTouch und HolisticSpirit –, die sich an den Jahreszeiten orientieren und mir helfen sollen, mit mir in Einklang zu kommen, verlorene Energie wiederzugewinnen, neue Kraft zu schöpfen. Man könnte das auch als Achtsamkeit bezeichnen, die man im Allgäu schon lange lebt: Viele Menschen hier sind tief mit der Natur verwurzelt, erhalten traditionelle Heilverfahren am Leben oder finden hier den Spirit, den sie anderswo schon lange gesucht haben. 

Frau meditiert in den Yoga-Räumen des Hubertus Hotels im Allgäu
Hubertus Moutain Refugio Allgäu

Welches Essen tut mir gut?

So wie Gabriel Simòn Pinero, der in Mexico City aufwuchs, mit 17 Jahren begann, durch die Welt zu reisen und – nachdem ihm das Leben als gelernter Buchmacher nicht glücklich genug machte – schließlich hier seine Bestimmung gefunden hat. Als HolisticFood-Coach bringt der 63-Jährige den Gästen mit uraltem, fernöstlichem Wissen bei, was gute Ernährung ausmacht. Und startet mit einem geschmacklichen BÄMM: Ein Teelöffel mit Rosenmarmelade öffnet meine Geschmacksknospen wie die Morgensonne eine Blüte. „Das bringt dich in einen bewussten Zustand“, erklärt er – und der ist gut, denn beim Essen geht es darum herauszufinden: Welches Essen tut mir gut?

Wichtig ist, dass du keine Fälschungen isst, sondern möglichst einfache, biologische Nahrung. Andernfalls essen wir zu viel, weil wir keine Befriedigung finden.

HolisticFood-Coach Gabriel Simon Pinero beim Kochkurs
Hubertus Moutain Refugio Allgäu

Und warm sollte das Essen sein, gerade morgens und abends: „Wärme macht zum Beispiel unser Gehirn und unsere Faszien flexibler. Schließlich entwickelte sich die Sprache und der aufrechte Gang erst, nachdem das Feuer entdeckt wurde und der Mensch anfing zu kochen.“ 

Das Mittagessen darf dann die größte, kompletteste Mahlzeit sein. Im Hotel jedoch ist das definitiv das mehrgängige Abendmenü! Küchenchef Christian Knöllke könnte auf Sterneniveau kochen, mag sich den Stress aber nicht antun – und füllt die Teller beim abendlichen 4-Gang Gourmet-Menü natürlich trotzdem mit regionalen Zutaten auf höchstem Niveau. HolisticSleep? Mit so viel Glück im Bauch ist das nicht schwer. Auch wenn natürlich die Boxspringbetten, die guten Kissen und das holzige Raumklima ihr Übriges dazu tun … 

Angerichtetes Stück Fleisch mit Salzdiamanten und Rosmarin
Hubertus Moutain Refugio Allgäu

Den Schmerz einfach wegbewegen 

Den nächsten Tag könnte ich mir mit HolisticSpirit-Angeboten wie Yoga, QiGong oder Klangschalen-Meditationverschönern. Mit dem jungen Hausherrn Marc Traubel oder seinem Vater Karl zu einer Sonnenaufgangs-Wanderung oder einer Langlauftour mitkommen. Kräuterspaziergang, Kaffee-Workshop, Wein- oder Tee-Degustation – auch das wäre möglich. Ich verbringe den Vormittag stattdessen bei Markus im Behandlungsraum und erlebe, was HolisticTouch bedeutet: Hier gehen die Therapeutinnen und Therapeuten ganz konkret auf den aktuellem Zustand der Gäste ein.

„Ich könnte dich jetzt einfach massieren“, sagt er zu mir. „Aber ich würde dir was anderes vorschlagen“, sagt er und spiegelt mir, wie ich gerade vor ihm stehe: komplett schief, eingeknickt, alles andere aus aufrecht. Mist, erwischt. Statt wie eigentlich erwartet durchgeknetet zu werden, liege ich also auf dem Rücken, Markus drückt in meine Hüftbeuger, danach rotiere ich meine Hüftgelenke mit angewinkeltem Knie. Ich bekomme noch einige andere simple Übungen gezeigt, die ich alle zwei, drei Tage zwölf Minuten lang machen soll. Nach einer knappen Stunde verlasse ich den Behandlungsraum – und bin fast ein neuer Mensch, denn meine quälenden Rücken- und Schulterschmerzen sind einfach: weg. 

Pärchen beim Wandern im Allgäu
Hubertus Moutain Refugio Allgäu

Danach gehe ich nicht ins Spa, ich schwebe! Nachdem im Januar 2019 just am Hang hinter dem Wellnessbereich eine gewaltige Lawine abging, ist es übrigens erst im Sommer 2021 wiedereröffnet worden. Denn das gewaltige Grollen endete damals mit einer Druckwelle durchs ganze Haus, zwei Etagen waren komplett voller Schnee, Türen aus den Rahmen gedrückt, Mauern um acht Zentimeter verschoben. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Heute ist der Schneeschutz mit Fangzäunen und Betonmauer am Hang zwar nicht besonders hübsch, doch dafür steht jetzt ein sehr lawinensicherer, neuer Spa am gleichen Ort. 

Abhängen im Wohlfühltempel

Mehr als 4500 Quadratmeter groß ist er, das ist ziemlich viel! Zwischen der klaren Holzoptik verbergen sich unter anderem drei Saunen, ein Outdoor-Onsenbecken mit 40 Grad warmem Wasser, Infinity-Pool und Sonnenterrasse, Hängeschaukeln in diversen Ruheräumen sowie verschiedene Yoga- und Behandlungsräume. Ein echter Wohlfühltempel. Und der perfekte Ort für mich, um meiner kleinen Neufindung nachzuspüren. Ich weiß noch genau, wie sich das damals, vor ein paar Wochen, anfühlte. Und deshalb muss ich jetzt auch los. Erst auf die Matte zum Hüfte und Co. kreisen, dann in die Küche, mir ein warmes Essen machen. Dazu werde ich mir die Sicht auf die Berge und das wohlige Gefühl aus dem Hubertus ins Gedächtnis zurückrufen – und dieses neue, gute Stück Leben genießen.

Innenansicht des Mountain Spring Spa im Hubertus Mountains Refugio Allgäu
Hubertus Moutain Refugio Allgäu

Infos.

Reisezeit Vor rund 150 Jahren schrieb ein Pfarrer: „In Balderschwang ist es ¾ Jahr Winter und ¼ Jahr kalt“. Auch rund 150 Jahre später ist der Ort sehr schneesicher – und dazu mit im Schnitt täglich 4,66 Stunden Sonne auch mit viel Licht beglückt. 

Anreise Mit der Bahn bis Fischen im Allgäu oder mit dem Bus bis Hittisau, dann per Hotel-Transfer für 20 Euro bzw. 10 Euro weiter ins Hubertus Mountain Refugio Allgäu. Der Flughafen Friedrichshafen ist rund 90 Autominuten entfernt, der Flughafen München rund 2,5 Stunden.

Unterkunft Doppelzimmer kosten im Hubertus Mountain Refugio Allgäu ab 340 € pro Nacht bei einem Mindestaufenthalt von drei Nächten. Dabei ist vieles inklusive, darunter: die Nutzung des ganze Spa, ein Treatment nach Wahl, die umfangreiche Kulinarik inkl. Frühstück bis 11.30 Uhr, Lunchbuffett, Nachmittagskaffee, 4-Gang-Dinner und Käsebrett, Nutzung des ruhigen Co-Working-Space sowie kostenloses Leih-Equipment (u.a. Rodel, Schneeschuhe, Wanderstöcke, Rucksack). 

Hubertus Mountain Refugio Allgäu
Dorf 5 | 87538 Balderschwang
Tel. 0049 8328 9200