An allen Ecken und Enden in Deutschland gibt es reichlich skurrile Bräuche und Traditionen. Und in Baden-Württemberg haben viele dieser Traditionen etwas mit Feuer zu tun. Ein paar davon haben wir mal genauer unter die Lupe genommen.
Scheibenschlagen in Bernau
Achtung, da unten! „Schiibi, Schiibo! Wem söll die Schiibe goh? Sie söll ‚der Liebsten‘ goh! Goht sie it, no gilt sie it. Schiibi, Schiibo!“, klingt es den Hang hinab. Beim traditionellen Scheibenschlagen im Schwarzwald befördern die Teilnehmenden kleine, brennende Holzscheiben mit einem Schlagholz und reichlich Muskelschmalz von einer Anhöhe ins Tal. Im Licht der Abenddämmerung ziehen die fliegenden Scheiben dabei helle Bahnen und beim Abschlag fliegen die Funken in alle Richtungen.
Wer zuschaut, sollte die Ohren spitzen. Denn die Scheiben fliegen stets mit einem Wunsch ins Tal. Der mag mal der Angebeteten gelten, mal einem Rivalen. Das Scheibenschlagen wird in vielen Orten im Schwarzwald traditionell am ersten Wochenende nach Aschermittwoch begangen, in Bernau fliegen die Feuerhölzer über die gesamte Fastnachtswoche ins Tal.
👉 Mehr Informationen gibt’s auf der Tourismus-Website des Schwarzwalds.
Feuerrad in Brombach
Wir bleiben im Frühjahr, denn die Zeit um die Fastnacht hat auch im Odenwald bunte Traditionsblüten getrieben. Und es bleibt feurig. Im Eberbacher Stadtteil Brombach im Odenwald rollt jedes Jahr aufs Neue ein angsteinflößend großes Feuerrad den Hang hinab. Vermutlich diente dies wie viele ähnliche Bräuche früher dazu, den Winter auszutreiben.
Heute ist es vor allem eine liebgewonnene Tradition und ein Anlass zum ausgelassenen Feiern. Futter für das Feuer liefern getrocknete Strohzöpfe, die vorab in das Rad gestopft werden. Dann wird es entzündet und mit einer zehn Meter langen, gut gewässerten Buchenholzstange – Sicherheit geht vor – mit Schwung auf die Abfahrt gebracht. Ebenfalls sehenswert: Für die jungen Männer im Ort gilt es als Mutprobe, vor der Fahrt des Feuerrads über ein Feuer zu springen.
👉 Mehr Informationen gibt’s auf der Website der Stadt Eberbach.
Funkenfeuer zwischen Bodensee und Oberschwaben
Die feurigen Bräuche um die Fastnacht sind im Süden derart verbreitet, dass dort sogar der Sonntag nach Aschermittwoch gemeinhin als „Funkensonntag“ bezeichnet wird. So werden etwa in Oberschwaben oder am Bodensee an diesem Tag große Feuer, die sogenannten „Funkenfeuer“, aufgeschichtet und entzündet. Auch hier diente der Brauch wohl ursprünglich dazu, das Ende des Winters zu verkünden. Und gerne werden für das Feuer auch die alten, trockenen Weihnachtsbäume benutzt, die extra dafür aufbewahrt werden.

Ganz ähnlich zum „Nubbel“ im rheinischen Karnevalsbrauch kommt im Süden die „Funkenhexe“ oder der „Fideli“ auf den Haufen und wird als Strohpuppe gleich symbolisch mitverbrannt.
👉 Mehr Informationen zu Fastnachtsbräuchen gibt’s auf der Website der Narrenzunft Wilflingen.
Lichterschwimmen in Wurmlingen
Jetzt ist aber auch mal gut mit dem Winter! Nicht mal in Wurmlingen im Donaubergland darf Väterchen Frost bleiben, spätestens am 19. März wird ihm der Garaus gemacht. Dann nämlich, am Josefstag, schicken die Kinder des Ortes kleine, selbstgebastelte Schiffe mit Leuchtfeuerchen auf große Fahrt auf den Faulenbach. Der Brauch ist bereits weit in der Vergangenheit in der Ortschronik als „Liachtliabischwimma“ belegt und soll – wie könnte es anders sein – symbolisieren, wie Kälte, Schnee und Eis ins Meer geschwemmt werden, die Lichter wiederum repräsentieren die länger werdenden Tage im Frühling. Schee!
👉 Mehr Informationen zum Brauch gibt’s auf der Website der Stadt Wurmlingen.
Feurige Schwämme in St. Peter
Aufmerksame Geister werden es schon geahnt haben: Irgendwo in dieser Aufzählung wird wohl auch das Osterfeuer auftauchen. Das ist nun keine exklusive Baden-Württemberg-Veranstaltung, allerdings zeigt sich der Brauch in St. Peter im Hochschwarzwald in einer ganz besonderen Form.
Die Jugend des Ortes sammelt vor dem Osterwochenende „Zunderschwämme“; eine besondere Art Baumpilz, die nach dem Trocknen häufig zum Entzünden von Feuern genutzt wurde. Die Pilze werden am Ostersonntag im Gottesdienst gesegnet, durch ein Feuer zum Glühen gebracht und dann Stück für Stück als kleine Ostersegnung unter den Bewohnern des Orts verteilt.
👉 Weitere Informationen gibt’s auf der Website der Gemeinden St. Peter und St. Märgen.
Funkige Fratzen in Denkingen
Was dem Amerikaner der Kürbis, das ist den Menschen in Süddeutschland die gute, alte Rübe. Denn wie in den USA höhlen die Kinder im Ort das Gemüse zu Allerheiligen aus und schnitzen angsteinflößende oder auch lustige Fratzen hinein. Danach kommen die Rüben mit einem Licht ins Fenster oder werden durch die Nacht getragen. In Denkingen, am Fuße der Schwäbischen Alb, wird sogar ein eigener Rübengeister-Umzug mit speziellem Liedgut ausgetragen. Nur einige Kilometer entfernt, in Neuhausen ob Eck, kommen die Rüben bei einem Umzug bis ins örtliche Museumsdorf.
👉 Hier geht’s zur Website der Narrenzunft Denkingen.
👉 Hier geht’s zur Website des Freilichtmuseums Neuhausen ob Eck.

Das Nikolausfeuer in Hirrlingen
Anderswo reicht ein Stiefel vor der Tür als Hinweis, in Hirrlingen bei Tübingen braucht der Nikolaus eine weithin sichtbare Extraeinladung. Am Abend des 5. Dezember wird an einem Hang in Dorfnähe ein großes Feuer entzündet, das dem alten Zausel den Weg weisen soll.
Dann warten alle Anwesenden brav darauf, dass der Nikolaus auch wirklich kommt. Die Kinder des Ortes basteln dafür sogenannte „Harzfackeln“ kleine Laternen, die von Kerzen beleuchtet werden. Mit einer derart guten Beleuchtung findet der Nikolaus dann auch den Weg ins Dorf, wo er gemeinsam mit Knecht Ruprecht einige der Häuser besucht. Zum Glück noch mal gut gegangen.
👉 Mehr Informationen zum Brauch gibt’s auf der Website der Gemeinde Hirrlingen.






