1969 entwickelte Dario Fontanella in der gleichnamigen Mannheimer Eisdiele das Spaghettieis, das ein halbes Jahrhundert später aus deutschen Eisdielen nicht mehr wegzudenken ist. Wir stellen euch kreative Eismacher und ungewöhnliche Eisdielen in Süddeutschland vor.
Mannheim: Zu Gast beim Gelato-Tüftler
Nicht in Rom, Mailand, oder Venedig, sondern in Mannheim entstand 1969 mit dem Spaghettieis die hierzulande wohl bekannteste Eisspezialität. Als Vorbild für seine Kreation nennt Dario Fontanella den Dessert-Klassiker Montebianco. Statt Maronencreme drückte der Gelato-Tüftler Vanilleeis durch eine Spätzlepresse. Erdbeersoße und weiße Schokoraspeln dazu, fertig war das erste Spaghettieis. Manche Kinder sollen damals geweint haben, weil sie keine Nudeln, sondern Eis bestellt hatten. Doch was anfangs irritiert hat, ist heute ein Verkaufsschlager weit über Baden-Württemberg hinaus. Das Original gibt es nach wie vor im Mannheimer Stammhaus der traditionsreichen Eisdiele.
Kirchberg an der Jagst: Heumilcheis im Schlosshof
Stolze Bauern und kreative Erzeuger arbeiten im ländlich geprägten Hohenlohe traditionell Hand in Hand. Sowie Nina und Klaus Sohl, die in ihrer Eismanufaktur feinste Heumilch verarbeiten, und dies ausschließlich in Demeter-Qualität. Bei so viel Liebe zur Kuh kann der Name der Manufaktur nicht überraschen: Moo. Ähnlich ausgefallen sind auch die Eissorten, die hoch über der Jagst in Schloss Kirchberg produziert und verkauft werden. Von heimischer Schlossminze bis zu exotischem Ayurveda bleiben hier soweit keine Wünsche offen.
Karlsruhe: Vom Tellerwäscher zum Eiskünstler
Als Thavakumar Maniam vor vielen Jahren vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka nach Karlsruhe floh, war seine Erfolgsgeschichte alles andere als absehbar. Nach Anfängen als Tellerwäscher arbeitete er mehr als 15 Jahre in einer traditionsreichen Eisdiele. Währenddessen entstanden seine Leidenschaft fürs Eismachen und sein Traum vom eigenen Eiscafé. Mit dem Arte Dolce ging dieser in Erfüllung. Begeistert sind inzwischen nicht nur die Karlsruher, sondern auch das Magazin „Der Feinschmecker“, das sein Café als eine der 40 besten Eisdielen Deutschlands auswählte.
Heilbronn: Eishandwerk an der Neckarmeile
In Heilbronn tut sich kulinarisch gerade einiges. Zu den kreativen Neugründungen gehört die Eisdiele Primafila, die seit 2016 scharenweise Naschkatzen ins Marrahaus an der Neckarmeile lockt. Bei der Entwicklung neuer Sorten beziehen die Eismacher Alessio Covato und Simon Schmidt Zutaten aus der ganzen Welt, von Vanille aus Madagaskar bis zu Guave aus Kolumbien. Zuhause in Heilbronn entstehen daraus handwerklich hergestellte Eisspezialitäten.
Bad Friedrichshall: Eis direkt vom Bauernhof
Ständig schrumpfende Milchpreise brachten Marliese Schmidt einst auf die Idee, die auf dem Hof produzierte Milch gleich selbst zu verarbeiten, so dass aus der Bauersfrau eine erfolgreiche Eismacherin wurde. Im Hofladen gibt es heute eine breite Auswahl an Sorten in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen. Noch immer werden ausschließlich Milch und Sahne von eigenen Kühen verarbeitet. Der neueste Clou ist ein Eis-Automat, der die Liebhaber des Bauernhof-Eises rund um die Uhr mit Eisspezialitäten versorgt.
Stuttgart: Anlaufstelle für Schleckermäuler
Stuttgarter Eisfans pilgern seit 2017 in den Osten der Stadt, wo Joëlle Massen und Fabiano Arganese eine ehemalige Bäckerei in ihre Schleckerei verwandelten. Von der früheren Nutzung ist lediglich die Brezel am Türknauf geblieben, denn heute laden zarte Pastelltöne zum Eis-Schlecken ein. Die Auswahl der hausgemachten Milcheis- und Sorbetspezialitäten wechselt jede Woche. Vor allem bei den veganen und laktosefreien Sorbets kennt die Kreativität keine Grenzen: Von Avocado-Limette bis Ananas-Kalamansi-Zitronenmyrte dürfte für jeden Gaumen etwas dabei sein.
Heidelberg: Konsequente Bio-Qualität
Wer auch beim Eisgenuss auf ökologische Herstellung setzt, ist in der Heidelberger Weststadt gut aufgehoben. Die Bio-Eismanufaktur verarbeitet ausschließlich Zutaten in Bio-Qualität und darf daher selbst das EU-Bio-Siegel führen. Bei der nachhaltigen Produktion der rund 120 verschiedenen Eissorten gibt es keine Kompromisse. Auf künstliche Farb- und Zusatzstoffe wird komplett verzichtet. Ebenso konsequent gestaltet sich der Vertrieb: Neben dem Eiscafé lassen sich die Eiskreationen auch an einem mobilen Bio-Eis-Bike kaufen, das klimaneutral in der Stadt unterwegs ist.
Ravensburg: Eis-Rebellin in Oberschwaben
Sie bezeichnet sich selbst als Eis-Rebellin und blickt gemeinsam mit ihrem Mann Carlo auf 20 Jahre Eismacher-Handwerk zurück: Gerlinde Schöck-Fadda hat sich mit ihrer Ravensburger Schokoladen-Manufaktur als eine der ersten Frauen in der einstigen Männerdomäne einen Namen gemacht. Im Laufe der Jahre entwickelte sie mehr als 80 verschiedene Sorten und begeisterte ihre Kunden mit immer wieder neuen Kreationen. Inzwischen setzt die Manufaktur mit eigenem Laden verstärkt auf vegane Produkte. Nicht nur beim Eis, sondern auch bei den Schokoladen-Spezialitäten.
Freiburg: Minimalismus im Eiscreme-Start-up
Sie ist der jüngste Neuzugang in dieser Übersicht und so etwas wie ein Gelato-Start-up: 2018 gründete Simon Spillmann die Freiburger Eismanufaktur im Stadtteil Herdern, womit er sie zu einem Treffpunkt mit Kultstatus machte. Improvisierter Minimalismus ist hier Teil des Konzepts, der Tresen selbst gezimmert und die Pappbecher von Hand gestempelt. Keine Kompromisse gibt es bei der Qualität der Inhaltsstoffe: Milch aus dem Schwarzwald, natürliche Zutaten und keinerlei künstliche Zusätze. Entsprechend überschaubar ist die Auswahl der Sorten, die dafür täglich frisch produziert werden.