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Interiorladen Frau Schmitt in der Kölner Südstadt
Marie Tysiak

Die Merowingerstraße: Eine Straße so bunt wie Köln

Text
Marie Tysiak

Auf der Merowingerstraße in der Kölner Südstadt herrscht zu jeder Zeit Trubel. Schon gegen frühen Mittag sind die Café- und Restaurantplätze auf den Bürgersteigen gut bevölkert, kleine Inhabergeführte Shops laden zum Bummeln ein, bevor die Südstadt hier später zum Feierabend-Kölsch zusammenkommt. Zu Besuch bei Kölner Menschen und Manufakturen in der Merowingerstraße.

Wer vom lauten Chlodwigplatz in die schräg abzweigende Merowingerstraße abbiegt, findet auf knapp 500 Metern ein kleines Abbild von dem, was das Kölner Leben ausmacht: Lebensfreude pur, mal abgerockt, mal schick – von den Menschen aktiv mitgestaltet. Gleich links winkt einem der Käse- und Eierkönig Özcan Sisman aus seinem kleinen Ladenfenster entgegen, heute ist ein französischer Weichkäse im Angebot. Dazu bekommt ihr auch einen passenden Wein.

Nachhaltig shoppt es sich bei Lanius, dem grünen Klamottenlabel aus der Südstadt. Und auch gegenüber findet ihr bei den Green Guerillas allerfeinste Basics und Statement Pieces für jede Gelegenheit. Gleich daneben, in der traditionsreichen Pitter-Kneipe, serviert Peter Mathius Jr. die ersten Kölsch des Tages serviert. Lastenfahrräder und Vespas bahnen sich ihren Weg durch Schlange beim Schmelzpunkt für das leckerste Eis der Südstadt. Es ist ein warmer Spätsommertag Anfang September.

Merowingerstraße: Wo Fair-Fashion, Kaffee- und Designträume wahr werden

Ein Blick in das Schaufenster von Goldkant, dessen skandinavischen Design-Neuheiten immer wieder dazu hinreißen, die gesamte Wohnung umzugestalten. Dort, wo schließlich die Elsaßstraße kreuzt und sich griechischer Imbiss, Kiosk und das Hotel und Café Armer Ritter treffen, ist man schon mittendrin im Herzen der Straße angekommen.      

Café Armer Ritter auf der Merowingerstraße in Köln
Marie Tysiak

Die lila-leuchtenden Blüten von Blauregen zieren die Altbau-Fassade rund um das schöne Café Hubert, das erst letztes Frühjahr in der Merowingerstraße 20 eröffnet hat. Gründerin Kyria Möbius hat hier einen Ort erschaffen, an dem sich toller Kaffee (Frechener Kaffeemanufaktur Tim und Sebastian), leckerste selbstgebackene Kuchen (heute: Karottenkuchen), Kunst (aktuelle Schaufensterausstellung: der Kölner Graffiti-Künstler Biatsch One) und Klamotten (zum Beispiel handgenähte flippige Jeansjacken und Rucksäcke) hervorragend ergänzen. Vor der Tür chillt es sich in Liegestühlen unter den Markisen wie im Urlaub, der Blick auf das bunte Schaufenster des Geschenke-Ladens Frau Schmitt gegenüber inklusive. 

Auf einen Plausch mit den Nachbarn

Es wird sich herzlich gegrüßt, in der Merowingerstraße kennt man sich. Die Dame aus dem italienischen Feinkost-Laden, gleich neben Traumfarben, Kölns schönstem Bastelshop, räumt gerade die kleinen Stehtische raus und hält ein Pläuschen mit dem Nachbarn. Nun kreuzt die Vondelstraße, im Karnevalsschuppen schlechthin werden leckere Tapas serviert (Filos), gegenüber verkörpert das Il Mondo ein Stückchen Italien-Urlaub, rot-weiß-karierte Tischdecken inklusive.

Und natürlich darf ein Bücherladen nicht fehlen – ein ganz besonderer natürlich, denn in der Schatzkiste in der Merowingerstraße 42 werden gebrauchte Kunst- und Kulturbände zum Schnäppchenpreis angeboten. Der bestsortierteste Second-Hand-Laden der Südstadt bleibt die Zeit der Rosen, wo jedes perfekt ausgewählte Teil darauf wartet, Käuferinnen ein Strahlen aufs Gesicht zu zaubern. 

Veedel-Shopping als lokale Alternative zu Amazon

Im Blickwerke, gleich gegenüber des Bordells Cesar’s Palast, das in der Corona-Zeit seine Pforten für Testwillige als Schnelltestzentrum eröffnet hat, trifft man Besitzer Werner Mason hinter seinem großen Mac vertieft – oder wahlweise auf der kleinen Bank vorm Geschäft, immer zu einem Plausch aufgelegt. Der gelernte IT-Spezialist verkauft in seinem Shop jede Form von Einrichtung, die ihm persönlich gefällt. Zwischen Produkten von kleinen Kölner oder europäischen Manufakturen stehen Antiquitäten-Schmuckstücke vom Flohmarkt, daneben handgewebte Körbe eines Fair-Trade-Frauenprojektes aus Senegal. Von lokal bis global, alt bis neu, klein bis groß, leicht Kitsch bis Design ist hier alles dabei. 

Es lohnt sich, wiederzukommen. Die kleine Straße steckt so voller Leben, dass es sich hier locker den ganzen Tag verbringen lässt – und man taucht unweigerlich tief in das ein, was Köln so unglaublich lebenswert macht: seine Menschen und Manufakturen.