Brandenburg bietet mehr als nur malerische Seen, endlose Weiten und beschauliches Landleben. Hier können Urlauber auch stillgelegte Fabriken, gigantische Tagebaumaschinen und Werkssiedlungen entdecken. Industriekultur in Brandenburg.
Die Region ist ein Eldorado für Geschichtsinteressierte und bietet zahlreiche Museen und Ausflugsziele, die in die Zeit zurückversetzen, als Brandenburg ein bedeutender Industriestandort war. Von Kohle über Ziegel, Glas, Porzellan, Hüte bis hin zu Nähmaschinen – hier wurden einst Produkte hergestellt, die in Berlin und der ganzen Welt begehrt waren. Warum nicht im Wohnmobil auf eine Zeitreise gehen und die fast vergessenen Arbeitswelten erkunden? Das Touristische Netzwerk Industriekultur bietet eine spannende 450 Kilometer lange Route für fünf bis sechs Tage. Ein etwas anderer, aber definitiv lohnenswerter Reisetipp für den Frühling und Sommer.
Lauchhammer: Biotürme und Kunstgussmuseum
Die Reise beginnt im Lausitzer Seenland zwischen Berlin und Dresden. Das ehemalige Energiezentrum der DDR hat in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Verwandlung durchgemacht: nämlich von einem Bergbaurevier zu einem Wasserparadies. Die riesigen Tagebaurestlöcher wurden in idyllische Seen mit Stränden, Marinas, Radwegen und Campingplätzen umgewandelt. Trotzdem wurden einige Relikte der Braunkohlevergangenheit als Industriedenkmäler erhalten.
Eines der bemerkenswertesten Industriedenkmäler sind die Biotürme, die sich etwas außerhalb von Lauchhammer befinden, etwa auf halber Strecke zwischen Dresden und Cottbus. Passanten, die nicht eingeweiht sind, spekulieren über die Geschichte und den Zweck dieser festungsartigen Anlage. Die 24 Klinkertürme sind der Überrest einer einst riesigen Kokerei und weltweit einzigartig. Besucher können mit einem persönlichen Guide die Türme besteigen und von der verglasten Aussichtskanzel den Ausblick auf das Gelände und die Umgebung genießen. Alternativ können die Türme auch individuell besucht werden. Ein Audioguide vermittelt über eine kostenfreie App wissenswerte Details.
Auch der Ort Lauchhammer selbst ist einen Stopp wert. Die Stadt war einst bekannt für exzellente Kunstgussarbeiten, die von hier aus in die ganze Welt verkauft wurden. Das hiesige Kunstgussmuseum erzählt von dieser glorreichen Vergangenheit mit einer einzigartigen Sammlung von rund 2.800 Reliefs und Modellen aus Gips und Metall.
Der Extratipp für Wohnmobile: Einen Stellplatz gibt es nur rund 20 Minuten vom Kunstgussmuseum entfernt. Idyllisch ist er obendrein; er ist umgeben von Wäldern und direkt am See gelegen: der Campingplatz Themencamping Grünewalder Lauch. Das Tollste? Bis zum Strand sind es nur wenige Meter, und eine Saune gibt es auch.
Großräschen: IBA-Terrassen
Die nächste Station auf der Tour führt in Richtung Nordosten zu den IBM-Terrassen, die etwa eine halbe Stunde Fahrt entfernt liegen. Die markanten blauen Gebäudewürfel, die am Großräschener See miteinander verbunden sind, entstanden während der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land. Diese gab zwischen 2000 und 2010 wichtige Impulse für den Strukturwandel in der Region. Zu der Zeit war der Großräschener See tatsächlich noch eine Zukunftsvision. Und damals bot sich ein trister Anblick auf die Tagebaulandschaft. Erst 2007 begann die Flutung des Sees.
Heute ist der Tagebau lediglich eine ferne Erinnerung, und die Besucher können bei Kaffee und Kuchen den glitzernden See mit seinen gepflegten Ufern und der Seebrücke bewundern. Auch typisch für die Region ist ein Gläschen Wein. Denn Brandenburg hat auch Weinberge aufzuweisen. Wer interessiert ist, dem sei das Besucherzentrum empfohlen. Hier informiert eine Ausstellung über die Geschichte der IBA in Deutschland sowie über den Bergbau und die Zukunft der Stadt Großräschen.
Der Extratipp für Wohnmobile: Am Sandstrand stehen fünf einfache Stellplätze für Wohnmobile zur Verfügung, die zwar ohne Komfort, aber dafür mit direktem Seeblick punkten.
Lichterfeld: Besucherbergwerk F60
Nur eine halbe Stunde Fahrtzeit östlich befindet sich einer der bekanntesten Zeitzeugen des Braunkohletagebaus in Brandenburg: das Besucherbergwerk F60 in Lichterfeld. Der gigantische Stahlkoloss, der einst als Abraumförderbrücke im Tagebau Klettwitz-Nord tätig war, wiegt unglaubliche 11.000 Tonnen und erstreckt sich über eine Länge von 500 Metern sowie eine Breite von 200 Metern.
Der Tagebau ist längst Geschichte, heute bietet der Bergheider See, der an seiner Stelle entstanden ist, eine idyllische Kulisse zum Baden und Bootfahren. Besucher haben die Möglichkeit, den „Liegenden Eifelturm der Lausitz“ auf geführten Touren zu erklimmen und aus 74 Meter Höhe einen atemberaubenden Blick auf die umliegende Seenlandschaft zu genießen.
Der Extratipp für Wohnmobile: Es stehen vor Ort 20 einfache Stellplätze zur Verfügung.
Rüdersdorf: Museumspark
Nach einer etwa eineinhalbstündigen Fahrt in Richtung Norden, vorbei an den Naturparks Niederlausitzer Landrücken und Dahme-Heideseen, erreicht man den Bergbauort Rüdersdorf östlich von Berlin. Hier befindet sich der Museumspark Rüdersdorf auf einem 17 Hektar großen Gelände. Es handelt sich um das einzige historische Kalk- und Bergwerk dieser Größe, das noch erhalten geblieben ist. Der Kalkstein aus Rüdersdorf war unverzichtbar für die wachsende Metropole Berlin und wurde für bedeutende Bauwerke wie das Brandenburger Tor, das Olympiastadion und die Berliner Mauer verwendet.
Besonders beeindruckend sind die Bauwerke der Kalksteinproduktion, darunter die imposante Schachtofenbatterie mit 18 Schornsteinen, die auch als Drehort diente und als „Kathedrale des Kalks“ bekannt ist. Besucher können den Park individuell erkunden oder an Führungen teilnehmen, die auch geologische Exkursionen mit Fossiliensuche und Land-Rover-Touren in den aktiven Tagebau beinhalten.
Der Extratipp für Wohnmobile: Der Museumspark hat einen Parkplatz mit kostenlosen Stellflächen und eine Ver- und Entsorgungsstation mit Münzautomat.
Zehdenick: Ziegeleipark Mildenberg
Nur 90 Kilometer weiter nördlich erwartet Besucher der Ziegeleipark Mildenberg in Zehdenick, der von einer Tonstichlandschaft umgeben ist. Und diese ist, auch wenn man es kaum vermuten mag, bildschön. Ein Ausflug hierher ist auch eine faszinierende Zeitreise in die Vergangenheit. Zudem auch sehr lehrreich. Schließlich lernt man hier einiges über die Ziegelindustrie. Zehdenick war einst das größte Zentrum der Ziegelproduktion in Europa und lieferte Ende des 19. Jahrhunderts etwa 30 bis 40 Prozent der Ziegel für Berliner Mietshäuser. In den Ringöfen und Maschinenhallen des Parks können Besucher das harte Leben der Arbeiter von damals nachempfinden und sich sogar selbst an der Ziegelherstellung versuchen.
Der Extratipp für Wohnmobile: Nur wenige Schritte entfernt befindet sich der Campingplatz Marina Alter Hafen. Hier gibt es Stellplätzen direkt an der Havel. Wer Lust hat, kann sich Kanus ausleihen und sich lospaddeln.
Wittenberge: Industriegeschichte der Stadt
Es sollte dringend noch weiter gehen. Wir empfehlen, bis nach Wittenberge zu fahren. Die Stadt an der Elbe war früher als „Stadt der Nähmaschinen“ bekannt und hat unter den Namen Singer, Veritas und Naumann Millionen von Nähmaschinen produziert. Mit dem kostenlosen Audioguide „Industriekultur Wittenberge“ kann man die Geschichte hautnah erleben. Aber nicht nur Nähmaschinen sind hier Thema, auch der Uhrenturm des Nähmaschinenwerks, der historische Lokschuppen, das Zellstoff- und Zellwollewerk, das Stadtmuseum sowie die Alte Ölmühle sind einen Besuch wert. Die Alte Ölmühle ist heute ein Hotel samt großer Wellnesslandschaft.
Der Extratipp für Wohnmobile: Wer mit einem Camper unterwegs ist, kann auf dem Reisemobilstellplatz Nedwighafen übernachten. Der Platz bietet Strom- und Wasseranschlüsse sowie Duschen und Toiletten. Und wenn man mal eine Pause vom Camper-Leben braucht, kann man mit einem Fahrgastschiff die Elbe entlangschippern. Klingt doch super, oder?
Weitere Informationen zu den Industriekulturorten in Brandenburg liefert das Touristische Netzwerk Industriekultur.
Webseiten der Stell- und Campingplätze
- Themencamping Grünewalder Lauch in Lauchhammer
- Camping Marina Alter Hafen am Ziegeleipark Mildenberg