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Ein Mädchen benutzt ein Laufrad im Technoseum Mannheim. Dort werden auch andere deutsche Erfindungen ausgestellt
Technoseum/Klaus Luginsland

An diesen deutschen Orten wohnt der Erfinderreichtum

Man muss sein Licht nicht immer unter den Scheffel stellen: Viele deutsche Erfindungen, manche alt, manche sehr jung, haben unser aller Leben nachhaltig verändert. So etwa das Automobil, das Fahrrad oder das mp3-Format. Doch wo haben die Genies der Vergangenheit ihre Geistesblitze gehabt? Wir haben neun Orte in Deutschland rausgesucht, an denen wichtige Erfindungen gemacht wurden.

Berlin-Charlottenburg: Heimat der Currywurst

Um diese Frage streiten sich bis heute zahlreiche deutsche Städte: Wo wurde erstmals die Currywurst serviert? Im Ruhrgebiet genießt man den zum Lebensgefühl gewordenen Imbiss mit Pelle, in Berlin gebrüht – ohne. Für diese Berliner Brühwurst zumindest lässt sich die Geburtsstunde auf den September 1949 datieren. Damals nämlich mischte die Imbissbuden-Besitzerin Herta Heuwer eine Soße aus Paprika, Paprikapulver, Tomatenmark und verschiedenen Gewürzen zusammen und kredenzte das Ergebnis auf einer gebratenen Brühwurst: der Currywurst. Die hieß damals noch „Chillup“ und wurde – Ordnung muss sein – 1959 als Wort-/Bildmarke beim Deutschen Patentamt eingetragen.

Herta Heuwer genoss noch ein langes Leben und starb 1999 mit 86 Jahren. Ihr Rezept hat sie nie weitergegeben. Echte Currywurst-Jünger können der Erfinderin an einer Gedenktafel huldigen, die am Ort des ehemaligen Imbisses, in der Kantstraße 101, errichtet wurde. Darüber hinaus werden in der Hauptstadt auch diverse Currywurst-Führungen angeboten.

Deutsche Currywurst mit Pommes
Liv Hema

Berlin-Charlottenburg: Flüssigshampoo

Noch mal Berlin-Charlottenburg. Was hat dieser Stadtteil nur an sich? Jedenfalls hat vor knapp 100 Jahren ein gewisser Hans Schwarzkopf, seines Zeichens Apotheker und Gründer der Marke Schwarzkopf, eben dort das flüssige Shampoo entwickelt.

Und im Anschluss auch noch in seiner Drogerie- und Parfümeriehandlung mit Erfolg verkauft. Kein Wunder, waren die meisten Badezimmer bis dahin meist nur mit unspektakulärer Kernseife ausgestattet. Die brennt aufgrund ihres alkalischen pH-Wertes leider ziemlich in den Augen, sodass Schwarzkopfs alkalifreies Shampoo – zunächst als Pulver und ab 1927 auch flüssig – ein echter Kassenschlager wurde.

Wer sich noch tiefergehend mit der Geschichte der Kosmetik beschäftigen möchte, der kann noch einen Abstecher nach Dresden machen. Dort kann man sich im Hygiene-Museum mehr als 2.000 Exponate zum Thema anschauen, ob Puderdosen, Dauerwellengeräte oder Schminktische.

Frau schäumt Flüssigshampoo in ihren Händen, eine der deutschen Erfindungen
Matthew Tkocz

Dresden: Schluss mit Kaffeesatzlesen

Manche deutschen Erfindungen erscheinen uns heute so selbstverständlich, dass wir uns eine Welt ohne sie gar nicht mehr vorstellen können. Nein, die Rede ist nicht vom Rad, sondern vom Kaffeefilter. Ohne den bleibt in der Kanne und dann eben auch in der Tasse ein körniger und unappetitlicher Kaffeesatz zurück. Das störte Anfang des 20. Jahrhunderts auch die Dresdnerin Melitta Bentz. Kurzerhand löcherte sie einen Messingtopf, legte ihn mit Löschpapier aus dem Schulheft ihres Sohnes aus und genoss ihr schwarzes Gold ab sofort ohne störende Rückstände. Ihre Erfindung sorgte im Freundeskreis derart für Begeisterung, dass die Erfinderin ihren Rundfilter mit vorgefertigtem Filterpapier patentieren ließ.

Bis 1934 wurden die Filter aus Aluminium oder emailliertem Blech hergestellt, später dann aus Porzellan oder Keramik – bis heute. In Dresden selbst können Interessierte an der „Erfindertour mit Melitta Bentz“ teilnehmen, die neben klassischen Sightseeing-Punkten an weiteren Orten des Erfinderreichtums in der sächsischen Landeshauptstadt vorbeiführt.

Mannheim: Runter von der Kutsche, rauf aufs Fahrrad

Ein Wagen ohne Pferde: Mit dieser Idee sorgte der Erfinder Karl Freiherr von Drais 1817 im damals großherzogtümlich-badischen Mannheim für Furore. Mit dem später „Draisine“ getauften Laufrad – der Pedalantrieb kam erst später dazu – begab sich der Erfinder höchstpersönlich am 12. Juni 1817 auf eine Testfahrt von seinem Wohnort mitten in der Innenstadt zur sieben Kilometer entfernten Sommerresidenz des Großherzogs in Rheinau und wieder zurück. Dabei erreichte Drais eine sportliche Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Kilometern pro Stunde, was damals für reichlich Beachtung sorgte.

Leider brachte die Draisine ihrem Erfinder nur wenig Ruhm. Die Maschine konnte nicht für genug Begeisterung sorgen und sollte erst in den 1860ern wieder als Fahrrad auftauchen. Karl Drais selbst wurde später alkoholkrank und fiel als Unterstützer der Badischen Revolution nach deren Scheitern beim Regime in Ungnade. Heute erinnert ein Denkmal am Wendepunkt seiner Testfahrt, in Mannheim-Rheinau, an den Mann, der den Menschen auf zwei Räder hievte.

Stuttgart: Eine deutsche Erfindung auf zwei Rädern

Längerfristig sollte die Idee, den Menschen auf einem Zweirad fortzubewegen, sich allerdings durchsetzen – und das nicht nur als Fahrrad. Denn Gottlieb Daimler erfand gemeinsam mit Wilhelm Maybach nicht nur den Ottomotor, sondern mit dem Daimler-Reitwagen auch die Mutter aller Motorräder. In der gemeinsamen Werkstatt im Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt montierten die beiden Tüftler 1885 einen Verbrennungsmotor in einen Rahmen, der aus Holz und verstärkten Eisenplatten bestand. Diese Konstruktion, die auch „Standuhr“ genannt wurde, kam auf eine Höchstgeschwindigkeit von 12 Kilometern pro Stunde. 1895 gab es für Daimler und Maybach dafür ein Patent. Zwar wurde das Original bei einem Feuer 1903 zerstört, ein Nachbau kann aber im Stuttgarter Mercedes-Benz-Museum besichtigt werden. In Bad Cannstatt selbst wurde die Versuchswerkstatt in eine Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte mitsamt kleinem Museum umfunktioniert.

Nachbau des Daimler Reitwagens vor der Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte in Bad Cannstatt. Hier entstand im Jahr 1885 der Reitwagen als Versuchsträger, um die Tauglichkeit der Gas- bzw. Petroleumkraftmaschine von Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach unter Beweis zu stellen. Der Reitwagen ist das erste Motorrad der Welt. Das Patent meldete Gottlieb Daimler am 29. August 1885 an.
Daimler

Bonn: Hauptstadt der Goldbären

Weltweit beliebt sind noch heute die Haribo Goldbären, auch als Gummibären bekannt. Ein Bonner Erfinder namens Hans Riegel kreierte das Weingummi 1922 und benutzte dazu Zucker, Fruchtextrakt sowie Gummi arabicum. Heute wird stattdessen Gelatine benutzt. Der Markenname setzt sich übrigens ganz simpel aus dem Namen des Erfinders und seiner Heimatstadt zusammen: Ha(ns) Ri(egel) Bo(nn). Haribo. Im deutschsprachigen Raum wirbt die Marke bereits seit 1932 mit dem Slogan „Haribo macht Kinder froh“, der somit zu den ältesten noch benutzten Slogans hierzulande gehört.

Der Goldbär selbst hat sich in der Zwischenzeit etwas gewandelt und ist zwar etwas kleiner als sein Urahn, dafür aber wesentlich fülliger. Sollte man die ehemalige Bundeshauptstadt Bonn einmal besuchen, lohnt sich ein Abstecher in den Haribo-Fabrikverkauf. Dort kann man sich nach Lust und Laune seine ganz eigene Haribo-Mischung zusammenstellen und nach Gewicht bezahlen. Das macht nicht nur Kinder froh.

Haribo Goldbären in verschiedenen Geschmacksrichtungen, eine der bekanntesten deutschen Erfindungen
Dan Cristian Padure

Erlangen: Musik zum Mitnehmen

Diese deutsche Erfindung ist noch gar nicht so alt, sorgte aber für weltweite Begeisterung. Von den 80er- bis in die 90er-Jahre forschte ein Team um den Elektroingenieur Karlheinz Brandenburg am Fraunhofer-Institut im fränkischen Erlangen an einem Dateikomprimierungsformat, das seit seiner Vorstellung 1991 als „mp3“ bekannt ist. Mit diesem Format ist es möglich, Audiodateien ohne nennenswerte Qualitätsverluste um bis zu 85 Prozent zu komprimieren. Damit war es möglich, Hunderte von Liedern auf einem kleinen Abspielgerät in der Hosentasche mitzunehmen, anstatt – wie bisher – zig Kassetten oder CDs mit sich mitzuschleppen.

Bis heute ist mp3 das gängige Musikkomprimierungsformat, um Audiodateien auf Computern und Smartphones zu speichern oder im Internet zu versenden. In Erlangen selbst ist dem Erfinder zwar noch kein Denkmal gesetzt worden. Die fränkische Stadt ist aber dennoch einen Besuch wert. Die barocke Innenstadt wurde am Reißbrett geplant und lädt bis heute zum Spazieren ein. Ebenso sehenswert sind unter anderem das markgräfliche Schloss mitsamt ausdehnendem Schlossgarten oder auch der Wasserturm auf dem Burgberg, der heute eines der Wahrzeichen der Stadt ist.

Frau hat Kopfhörer auf und tanzt zur Musik
Bruce Mars

Frankfurt am Main: Die Kommunikationsrevolution

Alexander Graham Bell gilt gemeinhin als Erfinder des Telefons. Das ist so weit auch richtig. Eine entscheidende Vorarbeit zu diesem Meilenstein der Kommunikation wurde allerdings nicht in den USA, sondern im Herzen der Alten Welt getätigt: in Frankfurt. Hier tüftelte der Physiklehrer Philipp Reis Mitte des 19. Jahrhunderts an einer Methode, Töne in elektronischen Strom zu verwandeln und an anderer Stelle als Schall wiederzugeben. Erstmals gelang ihm das 1859 mit dem übermittelten Satz „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“ 1861 stellte Reis einen Prototyp seines Fernsprechers vor Mitgliedern des Physikalischen Vereins in Frankfurt vor. 1874 verstarb der Erfinder.

Alexander Graham Bell wiederum übernahm die Entwürfe des Hessen, entwickelte sie weiter und meldete schließlich 1876 den Telefonapparat zum Patent an. Wer heute Frankfurt besucht, kann das 1919 errichtete Philipp-Reis-Denkmal in der Eschenheimer Anlage besichtigen. Alternativ lohnt sich ein Besuch des Philipp-Reis-Hauses in Friedrichsdorf im Taunus, einem Museum im ehemaligen Wohnhaus des Erfinders. Außerdem können Interessierte, ganz im Sinne des Erfinders, eine Online-Ausstellung über das Telefon und seinen Erfinder auf der Website des Frankfurter Museums für Kommunikation besuchen.

München: Das wohl erste Lebensmittelgesetz der Welt

Es ist kein Geheimnis: Die Deutschen gehören zu den fleißigsten Bierkonsumenten weltweit. Knapp 22.000 Biersorten und knapp 1.500 Brauereien finden sich heutzutage in der Bundesrepublik. Dass Bier hierzulande ein ernstes Geschäft ist, bezeugt ein Erlass des bayerischen Herzogs Wilhelm IV. aus dem Jahre 1516. Der Fürst veranlasste nämlich, dass ab sofort beim Bierbrauen nur noch Gerste, Hopfen und Wasser zu verwenden waren. Davor war es nicht unüblich, dass findige Braumeister auch mal Ochsengalle, Bilsenkraut oder Eichenrinde beimischten. Damit war nun Schluss und das Reinheitsgebot war geboren.

Im Laufe der Zeit wurde die „offizielle“ Rezeptur nur noch um Hefe und Gerstenmalz erweitert. Wer heute München besucht, kann also nicht nur im Hofbräuhaus einkehren, sondern sich auch im Münchner Bier- und Oktoberfestmuseum zur Geschichte des Bieres, der Braukunst und der Bierkultur schlau machen.

Bier wird gezapft in einem deutschen Brauhaus
Fabio Alves

Wer nun Lust bekommen hat, sich auf die Spuren deutscher Erfinder und Entdeckerinnen zu begeben, findet bei kurz-mal-weg.de passende Reiseangebote in die deutschen Erfinderstädte.