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Art Deco Stil der historischen Predigtstuhlbahn
Günter Standl

Architek-Tour durch Bad Reichenhall

Text
Simone Sever

Ob Romantik, Art déco oder Moderne – die oberbayerische Alpenstadt Bad Reichenhall hat in Sachen Architektur einiges anzubieten: Prächtige Gründerzeitvillen, einen königlichen Kurpark und das Industriedenkmal Alte Saline. Mit funkyGERMANY geht es auf eine Architek-Tour zu spannenden Stationen und baukünstlerisch relevanten Gebäuden.

Belle Époche in Villa Rein-Kultur

Startpunkt der Architek-Tour ist die Villa Rein, die seit 1938 im Besitz der gleichnamigen Familie ist. Erstmals als Umbau eines Bauernhauses zum Beherbergungsbetrieb dokumentiert, wurde das alte Gebäude 1898 abgerissen und an selber Stelle die jetzige Villa als Kurpension mit Eck-Erkertürmchen, Schweifgiebel-Risalit, Mansarddach und Jugendstilbalkonen errichtet. 2019 wurde das Haus dann als denkmalgeschütztes Boutiquehotel Villa Rein neu eröffnet.

Wer als Gast kommt, erfreut sich nicht nur am reich verzierten Gründerzeit-Treppenhaus, dem Parkettboden, den Einbauschränken und den Türen der 14 Hotelzimmer, die inzwischen kombiniert sind mit Antiquitäten und schnörkellos-modernem Interieur aus natürlichen, hochwertigen Materialien. 

Boutique-Hotel Villa Rein
Villa Rein

Bäderarchitektur

Weiter geht es im Königlichen Kurgarten, der 1868 vom Münchner Hofgärtner Carl von Effner angelegt wurde und als einer der schönsten seiner Art in Mitteleuropa gilt. Vorbei am Gradierhaus von 1910, dem größten AlpenSole-Freiluft-Inhalatorium der Welt, läuft man zum Königlichen Kurhaus, das 1899/1900 im Stil von Neo-Renaissance und -Barock erbaut wurde und die einstige, monarchisch-bayerische Bäderszenerie offenbart. Die herrschaftliche Freitreppe zum Foyer – mit Stuck, Marmor, edlem Messing und prächtigen Kronleuchtern verziert, zeugen von Bad Reichenhalls mondäner Geschichte, ebenso wie die Konzertrotunde von 1912.

Noch heute ist der monumentale Säulenbau Schauplatz von Musikaufführungen der Bad Reichenhaller Philharmoniker, die Deckenmedaillons stellen allegorisch die Heilmittel der Alpenstadt dar. Die Wandelhalle ergänzt das Ensemble um den Trinkpavillon von 1927 mit AlpenSole-Brunnen aus rotem Ruhpoldinger Marmor. 

Bäderarchitektur eines Kurhauses in bayerischer Ortschaft
Bad Reichenhall Tourismus & Stadtmarketing

Kunterbunter Stilmix 

In der verkehrsberuhigten Innenstadt Bad Reichenhalls offenbaren sich gleich mehrere Architekturstile. Ein Blick lohnt auf das zur Zeit in Renovierung befindliche, klassizistische Axelmannstein, dem ersten Kurhotel der Alpenstadt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und heutigen Wyndham Grand. Von dort aus spaziert es sich weiter zum Kurmittelhaus der Moderne. Das Gebäude wurde 1927 im späten Jugendstil für die zentrale Verabreichung von Therapien erbaut. Noch heute bietet es Inhalationen, Bäder sowie Massagen.

Entlang der Fußgängerzone passiert man dann zuerst das Café Reber. Dessen historische Fassade und der rote Baldachin sind seit 1938 unverändert. Im Inneren herrscht Biedermeier-Flair. Wer hier einkehrt, der möge sich unbedingt eine der Mozartkugeln gönnen, für die die Confiserie so weltberühmt ist.

Shopping-Begeisterte bummeln ein paar Häuser weiter durchs elegante Kaufhaus Juhasz. Und, wen die Füße immer noch weiter tragen, der macht einen lohnenswerten Abstecher zur Spitalkirche St. Johannes aus dem 12. Jahrhundert. Eine gotische Empore kontrastiert die romanische Apsis der kleinen Kirche, das Innere wurde im Rokoko umgestaltet. 

Fußgängerzone die die Architektur von Bad Reichenhall offenbart
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Industriedenkmal auf Salz gebaut

Nichts spielt in der Alpenstadt eine größere Rolle als das Salz. Eine eindrucksvolle Dokumentation finden Besucher im Reichenhall Museum im historischen Salinen- und Getreidekasten. Die Ursprünge des heutigen Gebäudes gehen übrigens auf das 14. Jahrhundert zurück. 1834 wurde die mittelalterliche Struktur bis aufs Gemäuer ein Raub der Flammen. Nach der Restaurierung 1966 erfolgte die Adaption für Museumszwecke.

Nur wenige Gehminuten entfernt, freuen sich Hobby-Historiker über das bildschöne Industriedenkmal Alte Saline, bis 1926 Herstellungsort des Bad Reichenhaller Salzes und in Auftrag gegeben von Ludwig I. Die Ursprünge reichen in die Bronzezeit zurück. Die heutige Anlage, direkt an den Solequellen am Fuß des Gruttensteins, stammt von 1836 bis 1851. Das prachtvolle Hauptbrunnhaus beherbergt die historischen Salzquellen und das Salzmuseum, das ehemalige Sudhaus, unter anderem das stylische Restaurant Salin – auf dem Boden römischer, mittelalterlicher und neuzeitlicher Salzgewinnung.

Alte Saline, die man während einer Architektur-Tour durch Bad Reichenhall bestaunen kann
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Mittelalterflair 

Vom großen Stadtbrand 1834 verschont geblieben, ist der beschauliche Florianiplatz nur wenige Schritte entfernt. Das Viertel bewohnten im späten Mittelalter Bürger, die in verschiedenen Bereichen der Saline tätig waren. Auch während des 18. Jahrhunderts lebten dort vorwiegend Arbeiter und Taglöhner. Die flankierenden, bunten Häuser mit Giebel- und Flachdächern stammen zum Teil aus dem 16. und 17. Jahrhundert und sind mit Klappläden versetzt. Sie vermitteln eine Ahnung davon, wie Bad Reichenhall einst in weiten Teilen ausgesehen haben muss. 

Mittelalterlicher Florianiplatz in Bad Reichenhall
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Belétage im Art-déco-Style

Die letzte Laufstrecke dauert zwar gut 20 Minuten, doch die lohnen sich: Denn die historische Predigtstuhlbahn mit ihren zwölfeckigen Pavillon-Kabinen von 1928 ist an sich schon ein echtes Architekturdenkmal und zudem die älteste, im Original erhaltene Bahn ihrer Art auf der Welt. Eigentliches Ziel war es damals, das „deutsche Davos“ zu werden, was in Ansätzen auch gelang. Angelehnt an den Stil des berühmten Berliner Hotels Adlon konstruierte Architekt Wilhelm Kahrs die passenden Gebäude an Berg- und Talstation.

Die kurze Epoche der »neuen Sachlichkeit« gilt als Wegbereiter des Bauhaus und spiegelt sich vor allem im schlicht gehaltenen Bergrestaurant mit seiner großen Aussichtsterrasse wider. Weit aufwändiger wurde die sogenannte Belétage gestaltet: Im Souterrain des ehemaligen Hotels lädt das »Evelynes« mit prachtvoller Bar in edles Art-déco-Ambiente ein.