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Eine Frau in typischer Schwarzwald-Tracht zieht zum Elfmeter ab
Steffen Rees Hochschwarzwald Tourismus

Elf Fußballgeschichten aus Baden-Württemberg

Nicht mal mehr ein Monat, dann ist endlich Anpfiff zur Euro 2024. Die EM zu Hause! Einer der insgesamt zehn Spielorte in der Republik ist Stuttgart. Und dass Baden-Württemberg eine Menge mit dem Fußball zu tun hat, zeigen diese elf teils kuriosen Geschichten.

Das erste Fußballspiel in Deutschland?

Dieser Punkt mag für manche strittig sein: Einige sagen, das erste Fußballspiel in Deutschland habe nicht in Braunschweig, sondern im heutigen Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt stattgefunden. Was steckt hinter der Behauptung? Tatsächlich war Cannstatt als Kurort auch beim englischen Adel sehr beliebt. Und der Fußball in seiner heutigen Form stammt ja bekanntermaßen von der Insel. William Cail, später Schatzmeister des englischen Rugbyverbands, berichtete in einem Brief tatsächlich von einem Spiel vor Ort. Die Crux an der Sache: Als „Football“ wurden zu diesem Zeitpunkt sowohl Rugby als auch Fußball bezeichnet. Die Frage bleibt wohl ungeklärt…

Der Stuttgarter Stadtteil Bad Cannstatt, in dem nach Meinung einiger das erste deutsche Fußballspiel stattgefunden hat
TMBW / Mende

Weltmeister-Espresso in Freiburg

2014 war ein großes Jahr für den deutschen Fußball. Endlich wieder Weltmeister! Und ein Mann steht für diesen Erfolg ganz besonders: Joachim „Jogi“ Löw, der die Mannschaft damals zum Erfolg geführt hat. Der ist aber auch nur ein Mensch und genießt die kleinen Freuden des Lebens. Zum Beispiel einen richtig guten Espresso. Und den, wenn man eingeweihten Kreisen vertrauen darf, trinkt er besonders gern im Café Melange in Freiburg. Das liegt verkehrsgünstig zwischen Hauptbahnhof und Edelhotel Colombi und ist bei vielen Einwohnern sehr beliebt. Manche Stammgäste meinen gar, hier werde der beste Espresso nördlich der Alpen gereicht. Davon müsst ihr euch wohl selbst ein Bild machen. Und vielleicht trefft ihr sogar Jogi Löw.

Ein Kaffee mit Schaum mit Fußballmuster
Lifestyle Travel Photo / shutterstock

Gummigriffel aus Metzingen

Fortschritt durch Technik. Ja, der Slogan stammt eigentlich aus Ingolstadt, im Fall von Metzingen trifft er aber auch zu. In der schwäbischen Kleinstadt gelang nämlich der Sportartikelhersteller Reusch in den 1970ern ein fußballerischer Quantensprung, sozusagen: Gemeinsam mit Weltmeister und Bayern-Legende Sepp Maier wurde hier der Torwarthandschuh mit Innenfläche aus Latex entwickelt. Für extra guten Halt. Der war nötig, da die Fußbälle in dieser Zeit erstmals mit einer Kunststoffschicht überzogen wurden und somit leichter durch die Finger flutschten. „Katze Maier“ jedenfalls hielt damit fleißig die Bude frei.

In einem Fußballtor liegt ein Paar Torwarthandschuhe
Artem Ermilov / shutterstock

Das Grüne muss ins Hungrige

So eine Fußballerkarriere hat nun mal, da gibt’s nichts zu rütteln, eher eine geringe Halbwertszeit. Irgendwann macht der Körper die Quälerei nicht mehr mit. Was dann? Poldi hats vorgemacht: ab in die Gastronomie. Ob sich Timo Hildebrand da die Inspiration geholt hat, sei mal dahingestellt. 2021 jedenfalls eröffnete der ehemalige VfB-Keeper gemeinsam mit Tim Bengel das Restaurant Vhy! – mit komplett veganer Küche. Hildebrand selbst ernährt sich seit 2015 selbst vegan und agiert nun als Botschafter für den nachhaltigen Lebens- und Essensstil. Und zeigt außerdem – wer zweifelt da eigentlich noch dran? –, dass die vegane Küche auch auf Spitzenniveau und sowieso absolut lecker sein kann.

Ein kleines Stück Fußballgeschichte

Zugegeben: Der Mythos vom „Sommermärchen“ ist ein bisschen angekratzt. Aber an manche Begebenheiten erinnern wir uns doch ganz gerne. Zum Beispiel an den Einzug der togolesischen Mannschaft in Wangen im Allgäu. Damit nämlich hat die „WM daheim“ so richtig angefangen. Das westafrikanische Team war die erste Mannschaft, die ihr Quartier bezog – und vor Ort freudig empfangen wurde: Fahnenschwenken, Kapelle und Fernsehübertragung, das ganze Pipapo. Leider waren die Togolesen dann auch recht zügig wieder raus aus der WM. Doch zwischen der schwäbischen Kleinstadt und dem fernen Togo werden noch heute beste Beziehungen gepflegt.

Wangen im Allgäu
GehMalReisen

Tipp dich glücklich

Euro 2024 schön und gut. Aber der eigentliche heiße Scheiß passiert nur wenige Tage vor dem großen Anpfiff am 14. Juni. Am 8. und 9. Juni nämlich steigt in Villingen-Schwenningen die Offene Deutsche Tipp-Kick-Meisterschaft! Weniger Bolzerei, mehr Präzision ist gefragt, wenn mit feinsten Handbewegungen das nicht so ganz Runde ins Eckige befördert wird. Und da kann im Grunde jeder mitmachen. Ganz anders als bei diesen schnöseligen „Echt“-Fußballern … Veranstalter der Gaudi ist – wenig verwunderlich – das Unternehmen „Tipp-Kick“ selbst, das heute in dritter Generation weiterhin familiengeführt ist. Auch für die Schwarzwälder ist 2024 ein ganz besonderes Jahr. Denn vor 100 Jahren, 1924, wurde das Familienunternehmen gegründet. Und seitdem rollt der Ball. Auch mit Ecken und Kanten.

Ein Zeitungsfoto zeigt zwei Männer, die vor Zuschauern das Finale der Tipp-Kick-Meisterschaft 1973 austragen.
TIPP-KICK

Fußballtradition im Süden

Fußball hat eine lange Tradition im Süden. Nirgendwo manifestiert sich das mehr als im badischen Juwel Karlsruhe. Bereits 1889 gründete sich dort der International Footballclub Karlsruhe – gerade einmal 15 Jahre, nachdem in Braunschweig unter Anleitung Konrad Kochs erstmals auf deutschem Boden richtig gekickt wurde. Schnell setzte sich die Faszination in der Stadt-DNA fest: 1909 gewann der KSC-Vorgänger FC Phönix Karlsruhe die Meisterschaft, im Jahr darauf der Karlsruher FV. Bis heute ist es das einzige Mal, dass zwei Vereine aus derselben Stadt aufeinanderfolgend die Meisterschaft gewonnen haben. Um die Fußballstadt aufs Gründlichste zu erkunden, empfiehlt sich eine zweistünde Thementour auf dem Fahrrad. Natürlich nur echt mit Ausflug ins Wildparkstadion. Zu Gast beim KSC. Vielleicht schafft der es auch irgendwann wieder in die Bundesliga.

Blick auf das Schloss in Karlsruhe
TMBW / Mende

Hohe Luft

Manchmal helfen nur Wundermittel. Für die WM 1982 etwa hat sich die DFB-Auswahl auf 1.000 Höhenmeter zurückgezogen. Für ein Trainingslager unter besonders gesunden Luftbedingungen. Daran war nicht zuletzt der Hoteldirektor des Vier Jahreszeiten in Schluchsee beteiligt, der die gesundheitsfördernden Effekte angepriesen hat – auch wenn sich die Effekte dünner Luft auf den Körper nachweislich erst ab 1.500 Metern zeigen. Die Nationalmannschaft war dann wohl auch ohnehin eher in der örtlichen Diskothek zu Besuch, zum Frühstück gab es deftige Spiegeleier mit Schwarzwälder Speck. Mit dem Meistertitel wurde es dann leider nichts, aber zumindest hatten alle wohl eine gute Zeit.

Der Schluchsee in Baden-Württemberg, an dem die Fußball-Nationalmannschaft der Herren für die WM 1982 trainiert hat.
TMBW / Denger

Keine Diskussionen

Ordnung muss sein – auch auf dem Platz. Und in Deutschland ist wohl niemand so ordnungsliebend wie die Schwaben. Wenig verwunderlich also, dass ausgerechnet in Stuttgart in den 1960ern das Konzept „Gelbe und Rote Karte“ erfunden wurde. Der Schiedsrichter Rudolf Kreitlein war auf die Idee gekommen, nachdem er zuvor bei einem Spiel der WM 1966 mehrere Minuten brauchte, um den argentinischen Kapitän tatsächlich des Platzes zu verweisen. Erstmals fanden die Karten dann bei der WM 1970 Anwendung.

Schiedsrichter Jerome Brisard zeigt bei einem Spiel zwischen dem FC Lorient und PSG einem Spieler die Rote Karte - eine Fußball-Erfindung aus Baden-Württemberg
Victor Velter / shutterstock

Hoch hinaus

Es geht noch einmal nach oben, wenn auch nicht in Tausenderhöhen. Trotzdem findet ihr in Baden-Württemberg das höchstgelegene Stadion der Bundesliga. Das ist die Heimat des 1. FC Heidenheim, der seit der Saison 2023/24 ganz oben mitspielt. Und das nicht nur im übertragenen Sinne. Auf 555 Metern über Null wird auf der Ostalb gekickt, und das bereits seit Jahrzehnten. Und wie ein Denkmal steht für die Tradition des Vereins das Büdchen „Liko’s Kiosk“, das seinerzeit statt eines teuren Vereinsheims gebaut wurde. Das ist den Heidenheimern derart heilig, dass sogar beim Bau der neuen Tribüne um den Kiosk herum geplant werden musste. An Abriss ist nicht zu denken. Und so genießt man immer noch beim Würstchenholen die beste Sicht aufs Spiel.

So kam die Technik in den Sport

Im Ländle kennt man sich aus mit Technik. Das gilt nicht nur für Motoren, sondern auch für technischen Fußball. Der nämlich hat in den 1980ern durch insbesondere süddeutsche Trainer einen gehörigen Satz nach vorn genommen. Unter Helmut Groß und Ralf Rangnick wurden erstmals heute geläufige Begriffe wie „Viererkette“, „Ballorientierung“ und „Verschieben“ in den Mund genommen – und dann auch auf dem Feld umgesetzt. Dass das mehr war als heiße Luft, zeigt die Statistik: Zeitweise stammte ein Drittel aller Bundesligatrainer aus dem Süden.